Spielen sie noch oder forschen sie schon?

Was wir aus Online-Spielen über Verhalten lernen.

Spielen Sie Online-Spiele? Dann könnte es sein, dass Sie bereits an einer Studie zum Online-Verhalten und Internetetikette teilgenommen haben. Riot Games, die Macher von League of Legends, untersuchten vor Kurzem das aggressive verbale Verhalten der Spieler, die sie ihren Mitspielern entgegen brachten (Exkurs für Nicht-Spieler: in vielen Onlinespielen kann man seinen Mitspielern/Gegnern Textnachrichten schicken).

Die Anonymität hinter dem Monitor fördert nicht gerade einen zuvorkommenden Umgangston, sodass selbst die Spielbetreiber über die Menge sexistischer, homophober und rassistischer Kommentare besorgt sind. Eine Gemeinschaft von knapp 67 Mio. aktiven Teilnehmern stellt allerdings einen unbezahlbaren Datenschatz dar, den die Entwickler mit Wissen und Zustimmung der Spieler für ihre Fragestellung auszunutzen versuchten. Auf diese Daten würde jeder Verhaltenspsychologe neidisch werden.

Zunächst wertete Riot Games aus, ob es unter den Spielern besonders aggressive gab, die für die Hasstiraden verantwortlich waren. Doch nur 1% der Spieler passten in diese Kategorie, meist äußerten sich Spieler nur hin und wieder auffallend negativ, trugen aber durch diese unregelmäßigen Beiträge zum Großteil des Hassstromes bei. Fazit: durch den kompletten Ausschluss verhaltensauffälliger Spieler wäre League of Legends kein netterer Ort geworden.

Dann experimentierten die Spielentwickler mit dem aus der Psychologie bekanntem Priming. Dafür wurden den Spielern Warnungen ausgesprochen, z.B. dass sie die Mitspieler nicht beschimpfen sollen, bzw. Tipps gegeben, dass der Spielerfolg durch Kooperation gesteigert werden könne. Interessanterweise hatten die Warnungen nur einen Effekt, wenn sie in roter Schrift angezeigt wurden, während die Tipps erst in blau eine signifikante Verhaltensänderung bewirkten.

Richtig interessant wurde es jedoch, als die Spieler ihre Mitspieler für aggressive Wortwahl aus dem Spiel ausschließen konnten. Dabei war es wichtig, dem Straftäter sein Fehlverhalten innerhalb weniger Minuten konkret zu benennen. 92% der Bestraften sahen von einer Wiederholung der Missetat in den nächsten 3 Monaten ab. Die Rate der Hasstiraden reduzierte sich im Spiel insgesamt um 40%.

Die Studie zeigt Zweierlei. 1) Benenne eine Missetat klar und zeitnah. Das kennen sicherlich die meisten Kinder- und Hundeerzieher. 2) Das Internet kann eine unbezahlbare Schatztruhe für Datenanalysten sein, wenn man nur die richtigen Fragen stellt.

Und schlussendlich: Riot führte seine Studie mit Wissen der Spieler durch. Ob andere Plattformen diesbezüglich genauso offen umgehen, ist ungewiss.

Quelle:

Maher B. (2016), Nature 531,568–571,doi:10.1038/531568a

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