Honig statt Wundpflaster

Disney hat nach 39 Jahren eine Neuauflage eines Klassikers gewagt und die Tiere des Dschungels nach Kiplings Vorlage erneut zum Leben erweckt. Eine Szene, die unter den Naturheilern längst bekannt ist, erfährt auch zunehmend wissenschaftliche Unterstützung, nämlich als sich Mowgli Honig auf die durch Bienenstiche verletzte Haut schmiert.

Dieses Mittel wurde in der traditionellen Medizin bereits von Griechen, Ägyptern und Persern gegen Entzündungen der Haut, Ekzemen und bei Verbrennungen angewandt. Was die Menschen der Antike nicht wussten war, dass solcherlei Hautkrankheiten und Komplikationen nach Verletzungen durch pathogene Bakterien verursacht werden, wie Staphylokokken, Pseudomonaden und Enterobakteren, für die verwundete Haut ein Schlaraffenland ist. Mit der Erfindung der Antibiotika schien das Problem gebannt, zumindest so lange, bis die ersten Bakterien Strategien entwickelten, um sich vor diesen Substanzen zu schützen. Damit kehrt der Fokus auf Honig zurück, der beispielsweise wie der Manuka-Honig aus Neuseeland als Wundpflegemittel kommerziell erhältlich ist. Doch auch andere Honigsorten wurden auf antimikrobielle Wirkung getestet und oft als gleich gut wie Manuka-Honig befunden, obwohl die Wirkung eines Naturprodukts natürlich von Charge zu Charge variieren kann. Der Manaus-Honig aus Brasilien variiert in seiner antimikrobiellen Wirkung je nach Jahreszeit und ist beispielsweise konzentrierter, wenn er während der Trockenzeit produziert wurde. Des Weiteren gibt es Unterschiede je nach Pflanzenart, von der der Honig stammt, und natürlich beeinflusst der Gesundheitszustand des Bienenstocks ebenfalls das Produkt.

Doch obwohl es zahlreiche Studien zu antimikrobieller Wirkung von Honig gibt, stammen die meisten positiven Ergebnisse von Agarplatten oder aus Schüttelkolben, während Krankenhausstudien an Patienten weniger eindeutig ausfallen und erfolgreiche Behandlungen eher von Einzelfällen stammen. Auch wurden so viele Wirkweisen von Honig vorgeschlagen, wie es Bestandteile in ihm gibt. Der wahrscheinlichste Kandidat ist Wasserstoffperoxid, der bei dem Abbau des Zuckers durch ein Bienenenzym entsteht und bakterielle Membranen und DNA schädigt. Dies könnte auch die geringe Wirkweise von Honig auf menschlicher Haut erklären, wo das menschliche Enzym Catalase das Wasserstoffperoxid zersetzt. Ein anderer Kandidat ist Methylglyoxal, das im Nektar einiger Pflanzen vorkommt, die die Bienen anfliegen. Allerdings erwies sich Methylglyoxal nur wirkungsvoll gegen Staphylococcen, jedoch nicht gegen Pseudomonaden, deren Ausbreitung der Honig jedoch zuverlässig unterdrückt. Damit bleibt Raum für Spekulation über weitere Stoffe pflanzlichen Ursprungs, die antimikrobielle Wirkung besitzen und über den Nektar ebenfalls in den Honig gelangen, oder von den Bienen stammen, wie Defensin-1 oder Propolis, beides Stoffe, deren antimikrobielle Wirkung nachgewiesen wurde. Nur in einem ist man sich sicher: der Zucker ist es nicht. Höchstwahrscheinlich ist es die Kombination verschiedener Substanzen, die das bakterielle Wachstum unterdrückt, denn sonst hätten sich in den Tausenden von Jahren honigresistente Stämme entwickelt.

Doch ehe man sich jetzt wie Mowgli den Honig statt aufs Brot auf den Finger schmiert, sollte man bedenken, dass es auch Organismen gibt, die gerade diese sauerstoffarme Masse als Habitat schätzen. So hat diese Studie in 18 von 29 Honigsorten, einschließlich medizinischen, aus dem Supermarkt und vom Imker, Bakterien und/oder Pilze gefunden, die man nicht unbedingt in seiner Wunde haben möchte. Aber wenn man sich im Dschungel mit einem Bienenvolk angelegt hat und nichts anderes hat, um die durch den Bienenstich eingeschleppte Infektion zu kurieren, könnte man es auch mit dem geklauten Honig probieren.

 

Quelle: hier

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