Der goldene Schuss – Gentechnik für den Nachtisch

Denkt man an tropische Früchte, die inzwischen auch dem deutschen Verbraucher nicht fremd sind, so kommen einem zunächst Bananen, Mangos und Ananas in den Sinn. Hiernach kommt in der Rangliste der weltweit gehandelten Früchte Papaya mit über 11 Mio. Tonnen, die 2010 in den Handel kamen.

Die Hauptproduzenten sind Indien und Brasilien, ergänzt durch Indonesien, Nigeria und Mexiko. Dabei konsumieren die USA rund die Hälfte der Papaya-Weltproduktion, ohne die Frucht selbst nennenswert zu produzieren. Eine Ausnahme bietet Hawaii, wo eine eigene Art mit kleineren Früchten gezüchtet wurde, im Gegensatz zu der großen, „mexikansichen“ Papaya, die man auch in Deutschland kennt. Diese beiden Arten setzten sich durch und bestimmen weltweit die Papayaproduktion.

Hawaii erlangte somit als Namensgeber Berühmtheit und produzierte bis 1992 auf rund 10 km² (von knapp 1.400 km² bewirtschaftbarer Ackerfläche) noch 25.000 Tonnen dieser Frucht. Danach kam ein Einschnitt und bedrohte die Existenz hawaiianischer Papayabauern. Bis 1998 fiel die Produktion auf 15.000 Tonnen. Der Grund hierfür war das Ausbreiten des Papaya Ringspot Virus, das über Blattläuse rasch im gesamten Land verbreitet wurde.

Links gesunde, rechts mit Virus befallene Papaya (Gonsalves, D. (2004))

Man suchte zunächst nach einem geeigneten Kreuzungspartner, um die Papaya resistent gegenüber dem Virus zu machen, fand aber keinen geeigneten Kandidaten. Es drohte das „aus“ für die hawaiianische Papaya.
Die Lösung des Problems lieferte die grüne Gentechnik. Der Ansatz war klar vorgezeichnet. Das Virus enthält einsträngige RNA statt doppelsträngiger DNA wie bei Tieren, Pflanzen und Bakterien. Könnte man die Pflanze dazu bringen, einen komplementären RNA Strang zu synthetisieren, der an die Viren-RNA binden würde, könnte man die Wirkung des Virus inaktivieren. Dafür musste man diesen komplementären Strang in das Genom der Pflanze integrieren und sie dazu bringen, diesen selbst zu synthetisieren.

Links gesunde, rechts mit Virus befallene Papayapflanze (Gonsalves et al. (2004))

1992 steckte die grüne Biotechnologie noch in ihren Kinderschuhen. Eine Methode, um Fremd-DNA in Zellen zu bringen, war das Beschießen embryonaler Zellen mit Goldpartikeln, die mit der Fremd-DNA umhüllt waren (im Gegensatz zu heutiger Agrobakterium-vermittelter Transformation).

Gerät für die ballistische Transformation von Zellen

Die Goldpartikel durchdringen die Zellmembran und in einigen wenigen Fällen wird die Fremd-DNA in das Genom einer embryonalen Zelle aufgenommen. Die Zellen vermehren sich, einige bilden Pollen oder Eizellen, und sofern die Zelle die Fremd-DNA beinhaltete, entsteht somit ein Samen, der ebenfalls die Fremd-DNA enthält. Bei der Folgegeneration, also der Pflanze, die aus diesem Samen keimt, enthalten wiederum alle Zellen die Fremd-DNA. Somit hat man eine transgene Pflanze erzeugt.
Die Papaya, die auf diese Art hergestellt wurde, wie z.B. die Rainbow oder die SunUp Sorte, inaktiviert folglich das Virus, indem es RNA synthetisiert, die eine spiegelbildliche Kopie der Viren-RNA ist und an diese binden kann. Darüber hinaus hat es keinerlei Funktion.
Die transgene Papaya wurde getestet, inwieweit sie sich von ihren konventionellen Verwandten unterscheidet, und es wurde kein Unterschied in der Zusammensetzung der Nährstoffe festgestellt.
Dennoch lässt der Argwohn nicht nach.

In einer neulich erschienenen Studie untersuchten Forscher die GMO-Papaya nicht nur auf ihre Nährstoffzusammensetzung, sondern auf sämtliche Genaktivitäten, die zwischen der GMO-Variante SunUp (der „Mutter“ von Rainbow) und ihrem konventionellen Elternteil Sunset (damit „Oma“ von Rainbow) unterschiedlich waren. Beide Sorten enthalten knapp 20.000 Gene, die bis auf ca. 800 ähnlich aktiv waren. Interessanterweise waren dies meist Gene, die für die Resistenz der Pflanze gegenüber Pathogenen und als generelle Stressantwort wirksam sind. Feuern diese unablässig, so reagiert die Pflanze viel schneller auf einen Befall mit Viren oder Bakterien. Wie nach einer Impfung hält sie die Antikörper bereits vor der Infektion vor – im Fall von Pflanzen sind es Abwehrproteine, die die Ausbreitung der Infektion verhindern. Die Einbringung der Fremd-RNA führte also zu einer überaktiven Infektionsabwehr, was sich im Endeffekt positiv auf die Pflanzenfitness auswirkt, unabhängig davon, welches Pathogen gerade akut wirkt. Für den Konsumenten bleibt es hingegen folgenlos.
Für die hawaiianischen Bauern war die Einführung der GMO-Papaya die einzige Rettung. Nach ihrer Deregulierung seitens APHIS, EPA und FDA wurden 1998 erste Feldversuche unternommen, wonach die transgene Papaya von den Bauern enthusiastisch aufgenommen wurde und seitdem die Produktion bestimmt. Weitere asiatische Papayaproduzenten verfolgen gegenwärtig einen ähnlichen Ansatz, um ihre Papayaplantagen gegen lokale Virenvarianten zu schützen.

Papayafeld. In der Mitte stehen GMO-Varianten, außen die konventionelle Sorte. Aufnahme nach Virusbefall (Gonsalves, D. (2004))

In der EU ist die Einfuhr von GMO-Papaya untersagt, zumindest solange es noch irgendwo virenfreie Plantagen gibt.

 

Quellen und interessante Links:

Hawaii Landwirtschaft: http://hdoa.hawaii.gov/blog/main/nrsalus2015/

Papaya Handelszahlen: http://edis.ifas.ufl.edu/fe914

Seite über Hawaii-Papaya: http://www.hawaiipapaya.com/

Papaya-GMO: http://www.gmo-compass.org/eng/grocery_shopping/fruit_vegetables/14.genetically_modified_papayas_virus_resistance.html

Inhaltsstoffe der GMO-Papaya: doi:10.1016/j.jfca.2010.07.003

Sämtliche Veränderungen in der GMO-Papaya: http://dx.doi.org/10.3389/fpls.2016.00855

Der Erfinder Gonsalves über die GMO-Papaya: http://www.agbioforum.org/v7n12/v7n12a07-gonsalves.htm und http://oregonstate.edu/instruct/bi430-fs430/Documents-2004/3B-BIOTECH%20METH/Gonsalves-papaya-story-AmPhytopSoc2004.pdf

Reaktion der Bauern: http://www.apsnet.org/publications/apsnetfeatures/Pages/PapayaHawaiianRainbow.aspx

Ballistische Transformation: https://de.wikipedia.org/wiki/Genkanone

Papayabild: Jar (flickr)

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